In seiner letzten Sitzung verabschiedete der Kreistag den von Landrätin Kirsten Fründt (SPD) eingebrachten Haushalt 2018.
Es ist ein kommunalfreundlicher Haushalt. Allein 5,8 Mio. Euro werden zur Entlastung der Kommunen bereitgestellt. Die Kreisumlage wird abermals gesenkt.
Der Landkreis wird zudem bis Sommer 2018 seine Kassenkredite vollständig abbauen. Dies ist die Voraussetzung, um am Investitionsprogramm der Hessenkasse teilzunehmen, durch das der Landkreis über 24 Mio. Euro erhält.
Der Landkreis will ein fairer und sozial verantwortlicher Arbeitgeber sein. Daher werden deutlich über 100 Stellen entfristet. Diese Entfristung bietet den bisher befristet Beschäftigten Planungssicherheit und macht den Landkreis auch bei der Werbung um Fachkräfte attraktiver.
Nachfolgend die Rede des Fraktionsvorsitzenden Werner Hesse, in der er auch nochmals auf die von Seiten der Bürgermeister erhobene Forderung nach weiterer Senkung der Kreisumlage eingeht:
Ich danke zunächst allen Mitarbeiter/innen für Planerstellung und kompetente Begleitung der Ausschussberatungen, vor allem auch im Haushalts-Workshop, der auf hohem Niveau sachlich nichts schuldig geblieben ist.
Damit will ich die gewohnte Routine der HH-Reden auch schon verlassen.
Zunächst will ich Ihre Spannung nehmen und sagen, dass – es wird Sie sehr verblüffen – die SPD Fraktion dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs und dem Haushalt 2018 mit all seinen Anlagen zustimmen wird.
Dann möchte ich feststellen: Der HH ist von der Landrätin in exzellenter Form eingebracht worden, seine Details sind umfassend dargestellt. Es wäre Zeitverschwendung, wenn ich das noch einmal machen würde. Deshalb werde ich mich auf die Punkte beschränken, die nach Ansicht der SPD Fraktion von besonderer Bedeutung sind und politisch untermauert und begründet werden sollen.
Da fange ich mit dem aus unserer Sicht größten Paukenschlag an: Der Entfristung von 113 Stellen, die dauerhaft in unserem Stellenplan ausgewiesen werden sollen.
Für uns Sozialdemokraten ist diese Maßnahme dringend geboten aus
- den Herausforderungen, die ein sich verändernder Arbeitsmarkt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels stellt
- den Prinzipien der angemessenen Wertschätzung für geleistete gute Dienste
- der Ehrlichkeit im Haushalt hinsichtlich des tatsächlichen Personalbedarfs und – last but not least –
- der sozialen Notwendigkeit, Menschen klare Perspektiven für ihr Leben und ihre Lebensplanung zu geben.
Dieser Kreistag hat es zugelassen, dass über Jahre und Jahrzehnte hinweg wir eine Zweiteilung bei unseren Bediensteten hatten. Er hat es zugelassen, dass fast 25 % der beim Kreis Beschäftigten in den Haushaltsplänen gar nicht ausgewiesen wurden und erst auf Drängen meiner Fraktion überhaupt als Zahlen der nicht im Stellenplan aufgeführten Mitarbeiterinnen mitgeteilt wurden.
Dieser Kreistag hat Menschen, die qualifiziert und verlässlich für uns gearbeitet haben, das Gefühl vermittelt, sie – und damit die Arbeit die sie für uns leisten – seien für uns verzichtbar.
Wir alle, die wir daran mitgewirkt haben, sollten uns für unseren – mehr oder minder großen – Anteil daran schuldig fühlen und in uns gehen.
Umso mehr ist es an der Zeit, diesen Zustand zu ändern. Der sich verändernde Arbeitsmarkt macht uns klar, unter solchen Bedingungen will auf Dauer keiner mehr arbeiten. Es ist dem Kreisausschuss mit der LRin an der Spitze zu danken, dass im Haushaltsplan 2018 ein sachlich versierter Weg aus dieser Situation gefunden wird. Nach Prüfung im Einzelfall und bei entsprechendem Bedarf sieht er für 113 Stellen ein Ende des Schattendaseins vor.
Damit geben wir den Betroffenen eine Basis für ihre weitere Lebensplanung. Und uns eine größere Sicherheit hinsichtlich unseres Personalbesatzes. Dieser Schritt ist eine gute und wichtige Entscheidung für die Zukunft.
Als zweites möchte ich auf unser Ziel der Kassenkreditentschuldung eingehen.
Erklärter Wille der beiden Koalitionsparteien SPD und CDU ist eine vollständige Kassenkreditentschuldung des Landkreises bis zum 30.06.2018.
Wir hatten bereits bei der Haushaltsberatung 2017 dargelegt, dass die Entschuldung neben allen investiven Vorhaben und der Unterstützung der Kommunen ein zentrales Ziel der Koalition ist. Wir haben auf diesem Weg viel erreicht, aber jetzt ist ein zwingendes Datum gesetzt. Wir müssen dieses Ziel erreichen, um die Kriterien zur Teilnahme am Investitionsprogramm der Hessenkasse zu erfüllen. Gelingt uns das, können wir Investitionszuschüsse von 24,3 Mio. € bekommen.
Es hört sich fast sportlich an, ist aber weitaus problematischer. Das Land Hessen scheint einen unerschöpflichen Fundus zu haben, welche neuen Möglichkeiten es für Kommunen geben kann. Aber genau so unerschöpflichen ist die Phantasie in Wiesbaden, mit der Erfüllung welcher Vorgaben die Teilhabe an den neuen Möglichkeiten gekoppelt ist. Von jetzt auf bald muss man Voraussetzungen schaffen, die man nicht von langer Hand vorbereiten konnte. Für die Kommunen ist es fast eine Art Lotteriespiel, wer wird diesmal beglückt.
Wir haben im konkreten Fall mit 24,3 Mio. € einen erheblichen Investitionszuschuss zu erwarten. Darüber können wir froh und dankbar sein. Wir wollen aber auch nicht unerwähnt lassen, dass die Finanzierung dieses Zuschusses – wie leider allzu oft – durch einen Griff der Landesregierung in die Gelder der Kommunen finanziert wird. Diejenigen, die nichts bekommen, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllen, leiden doppelt.
Ich würde der Dame und den Herren Bürgermeistern dringend empfehlen, sich mit diesen „Regelungen“ des Landes auseinanderzusetzen, die immer wieder willkürlich den Kommunen geben oder nehmen. Erinnern Sie sich an die Frage, wer Schutzschirmgemeinde werden konnte. Gezahlt für das Programm haben alle Kommunen.
Klar bleibt für uns aber, dass ein Riskieren der 24,3 Mio. € durch eine nicht vollständige Kassenkreditentschuldung des Landkreises bis zum 30.06.2018 unvertretbar wäre. Damit ist die Entschuldung der wichtigste strategische Punkt im Verlauf des Haushalts 2018.
Darauf werde ich gleich noch einmal zurückkommen.
Wir Sozialdemokraten begrüßen es in diesem Zusammenhang sehr, dass für die große Menge der anstehenden Investitionen ein gemeinsamer, die einzelnen Fachbereiche übergreifender Planungs- und Bewertungsansatz gefunden werden soll. Nur so ist die effiziente Verwendung der Gelder gesichert.
Diese Koalition mit der Landrätin und dem Ersten Kreisbeigeordneten ist angetreten mit dem Anspruch, ein fairer Partner der Kommunen zu sein. Diesen Anspruch haben wir in allen Koalitionsjahren konsequent umgesetzt und auch in 2018 ist die Entlastung und Unterstützung der Kommunen ein ganz zentraler Punkt in den Festsetzungen der Kreiskoalition im Haushalt.
In Summe entlasten und fördern wir die Kommunen in 2018 mit einem Betrag von 5,825 Mio. €. Dies entspräche einem Hebesatzanteil bei der Kreisumlage von 1,76%-Punkten. Dies ist wahrlich eine recht erhebliche Summe, die schon der Höhe nach beeindruckt.
Vielmehr wird die Bedeutung noch dadurch gesteigert, dass wir diese Gelder in verschiedener Form zur Verfügung stellen.
Ein Teil ist die Senkung der Kreisumlage um 1,65 Mio. € bzw. 0,5 % Punkte. Damit arbeiten wir auch in diesem Jahr kontinuierlich weiter an der Entlastung der Kommunen! Ich wüsste nicht, dass es in Hessen einen anderen Kreis gäbe, der dies in gleicher Form von sich sagen kann. Über die Jahre hinweg ist die Senkung der Kreisumlage, die durch Beschluss des Kreistags zustande gekommen ist, bereits in der Summe über 2 %. Ich bitte diese Zahl in Erinnerung zu behalten.
Die Senkung der Kreisumlage wird von vielen als der beste Weg zur Entlastung der Kommunen angesehen, weil er – so sagt man – das Geld bei den Kommunen belässt. Aber dies ist beileibe weder die intelligenteste noch die gerechteste Form der Unterstützung der Kommunen. Lassen Sie mich das erklären:
Eine Summe von sagen wir 1 Mio. €, die wir nicht per Kreisumlage erheben würden, bleibt nicht in dieser Höhe bei den Kommunen, sondern sie wird ihnen im System des Kommunalen Finanzausgleichs zum Teil wieder abgenommen durch reduzierte Schlüsselzuweisungen. Den genauen prozentualen Anteil kann keiner direkt berechnen, weil da zu viele Größen in Zusammenhang stehen, die alle als kommunizierende Röhren einander beeinflussen. Aber Fazit: Eine Millionen €, die die Kommunen auf anderem Weg vom Kreis bekommen, ist mehr Geld, mehr wert. Also kann das Bestehen auf Kreisumlagensenkung nicht die intelligenteste Lösung sein.
Sie ist auch nicht die gerechteste: Kreisumlagensenkung heißt kurz und knapp, wer hat, dem wird gegeben. Dies ist nicht mein Gerechtigkeitsbegriff. Denn Sie alle dürfen nicht vergessen: Die Aufgabe des Kreises ist es ja nicht, die Zustände in allen Kommunen so zu lassen, wie sie sind. Der Kreis hat eine gesetzliche Ausgleichsfunktion, damit die Lebensverhältnisse in den ärmeren Kreiskommunen nicht zu sehr von denen in den wohlhabenderen Kommunen abweichen.
Und diese Aufgabe hört nicht auf, wenn die wohlhabenderen Kommunen erklären, dass sie auch am Ende ihrer Möglichkeiten sind. Auch dann muss der Kreis noch seine Ausgleichsfunktion wahrnehmen. Meine Damen und Herren, diese gesetzliche Verpflichtung hat für uns Sozialdemokraten einen hohen Stellenwert, wenn es um Gerechtigkeit geht.
Der neu geschaffene Entwicklungsfond mit 1,5 Mio. € ist genauso ein intelligentes, innovatives Element zum gerechten Ausgleich. Mit den Kommunen zusammen soll festgelegt werden, in welcher Form er wann zum Einsatz kommen kann. Was kann daran gegen die Interessen der Kommunen sein? Wer von den Bürgermeistern seinen sozialen Anspruch – den ja wohl alle für sich reklamieren – tatsächlich leben will, der muss diesen Vorzug des Entwicklungsfonds einsehen.
Darüber hinaus sind die Überlassung der bisher gezahlten Kindergartenbeiträge und die weiterhin sehr umfangreiche Finanzierung bei Breitbandausbau oder der Planung von Bushaltestellen genau Ausdruck davon, dass der Kreis besondere Belastungen der Kommunen erkennt und sich an deren Behebung beteiligt. Alles das ist nicht selbstverständlich, wird aber in der Stellungnahme gering gewertet gegenüber einer weiteren Senkung der Kreisumlage. Ich wiederhole noch einmal: Aus der Sicht des Kreises ist diese Forderung unsozial!
Nichts desto trotz erkläre ich für meine Fraktion: Wenn es im Verlauf des Haushaltsjahres gelingt, die vollständige Kassenkreditentschuldung zu erreichen, deren Bedeutung ich schon dargelegt habe, und sich danach noch unerwartete positive Veränderungen im Haushaltsverlauf ergeben, sind wir bereit darüber nachzudenken, wie diese am nutzbringendsten verwandt werden können, auch unter Berücksichtigung der Kommunen.
Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zur Ehrenamtspauschale machen: Wir haben sie geschaffen, damit in den Kommunen – die durch Haushaltszwänge teilweise keine Bewegungsmöglichkeit mehr hatten und haben – ohne Auflagen Geld für ehrenamtliche Arbeit zur Verfügung steht. Es ist nicht viel. Aber die Berichterstattung in der Presse nach der letzten Zahlung hat gezeigt, wie viel Gutes damit erreicht werden konnte. Über 20 Artikel, alle voller Freude vor Ort bei den Betroffenen über diese Zahlung. Meine Dame und Herren Bürgermeister, wenn Sie sagen, diese Pauschale macht Ihnen zu viel Arbeit, dann sage ich Ihnen: Sie müssen die Pauschale nicht abrufen. Wenn Sie sich dazu nicht im Stande sehen, sind wir von Seiten des Kreises bereit, die Ehrenamtspauschale auch in ihrer Kommune oder einzelnen Ortsteil zu verteilen.
Damit können Sie entnehmen, dass ich mich der Kritik und den Forderungen der Bürgermeister nicht anschließen kann. Ganz im Gegenteil: Ich bleibe dabei, die von uns gefundene und gewählte Unterstützung ist die beste Form, die wir den Kommunen angedeihen lassen können.
Ich will an dieser Stelle nicht versäumen, den Kommunen noch einmal klar zu machen, dass sie sich mit Geldforderungen an den Kreis von den eigentlich wichtigen und bedrohlichen Problemen ablenken lassen: Ohne dass wir hier im Kreis irgendetwas davon verhindern könnten, setzt das Land über verbindliche Vorgaben für die Finanzaufsicht und über Vorgaben für die noch zulässigen Inhalte von Haushaltsplänen die kommunale Selbstverwaltung immer mehr außer Kraft. Heute können Kommunen nicht mehr frei entscheiden, was sie realisieren wollen, denn es sind ihnen nur wenige Formen von Finanzierungen erlaubt. Dies ist von dem verfassungsmäßigen Auftrag, den die Kommunen haben, weit entfernt. Erheben Sie hier gegen Ihre Stimme, verehrte Bürgermeister!
Damit will ich mich den Anträgen zum HH zuwenden.
Zunächst will ich Sie alle dafür loben, dass es keine Anträge erst heute Morgen gegeben hat. Das ist ein Fortschritt, aber für eine ordentliche Bearbeitung sind die Anträge immer noch zu spät.
Thematisch passt an meine Ausführungen direkt der Antrag der Freien Wähler. Auch sie sind der Pseudologik der Bürgermeister auf den Leim gegangen, auf Umlagensenkung zu setzen. Und auch die Forderung, die Regelungen für den Entwicklungsfond voran zu stellen, führt wohl am ehesten dazu, dass versucht wird, Dinge regelungskonform zu entwickeln, statt konkrete Probleme anzugehen.
Daraus folgt für uns die Ablehnung.
Die Forderung der Grünen nach Finanzierung von Bushaltestellen aus dem Kreisentwicklungsfond ist prinzipiell möglich, wenn die Kommunen das wollen. Und nur dann ist sie sinnvoll. Aber das entscheiden die künftigen Gespräche, und nicht wir als Kreistag.
Die drei weiteren Forderungen der Grünen umfassen etwa 20.000 €. Bei den kleineren Positionen sollte ohne Änderung der HH-Ansätze die Verwaltung versuchen, sie im HH-Vollzug umzusetzen. Bei der Förderung des Frauenhauses sind wir für eine schnelle Hilfe bei den Dolmetscherkosten, die aber aus dem Produkt der Integration bezahlt werden sollen. Die Veränderung der Bezuschussung der Förderung des Frauenhauses kann, nachdem die notwendigen Unterlagen uns seit vorgestern vorliegen, zum nächsten Jahr beraten werden. Gleiches gilt für den Frauennotruf, wo entsprechende Unterlagen noch nicht vorliegen.
Ich schlage Ihnen vor, sich diesem Verfahren anzuschließen. Zumindest bitte ich Sie zu bedenken, was eine Ablehnung des Gesamthaushalts vor dem Hintergrund ihrer Forderungsgröße und meiner Vorschläge an politischer Aussage über die Gesamtverantwortung der Grünen enthält.
Die Anträge der Linken sind zum Teil Wiederholungen, für die es auch dieses Jahr keine andere Entscheidungsbegründung gibt. Zum Teil, wie bei der Ombudsperson, schon negativ beschieden. Der Rest ist thematisch so komplex, dass er ohne intensive Diskussion nicht zugelassen werden kann. Deshalb werden wir die Anträge heute ablehnen.
Abschließend sage ich noch einmal, dieser Kreishaushalt setzt deutliche Akzente. Er wird eine Strahlwirkung in den Kreis und darüber hinaus entfalten.
Ich danke der Kämmerin mit ihrem Team sowie allen politisch daran beteiligten für dieses sehr gelungene Werk, dem wir Sozialdemokraten mit Überzeugung zustimmen werden.