Im Fall der Fälle: Entscheidung über Katastrophenfall

Handan Özgüven

Das Land sieht eine Novellierung des Hessischen Brandschutz- und Katastrophenschutzgesetzes vor, nach der für eine mögliche Entscheidung über die Ausrufung des Katastrophenfalls nicht mehr der Landkreis als untere Katastrophenschutzbehörde allein zuständig ist, sondern dies nur im Einvernehmen mit dem Innenministerium in Wiesbaden geschehen darf. Wir sehen darin eine nicht sinnvolle Regelung und einen Eingriff in die Befugnisse des Landkreises. Hier vor Ort kann nämlich zusammen mit den Katastrophenschutzverbänden am besten beurteilt werden, wie im Ernstfall schnell und wirkungsvoll zu reagieren und ob ein Katastrophenfall auszurufen ist. Insofern sehen wir in der geplanten Neuordnung durch das Land auch einen Angriff auf das Vertrauen in die kommunale Entscheidungsfähigkeit. Wir stehen hier auch hinter den Hilfsorganisationen vor Ort, die diese Regelung ebenfalls ablehnen.
Im Kreistag hat Handan Özgüven (MdL) dazu gesprochen:

Wir als SPD-Fraktion finden es nach wie vor sehr bedauerlich, dass dieser Antrag der Landrätin in der September-Sitzung mehrheitlich nicht als dinglich eingestuft und daher nicht behandelt wurde.
Dieses Thema ist jedoch nicht nur für die unteren Katastrophenschutzbehörden, sprich die Landkreise und kreisfreien Städte von höchster Brisanz, sondern genauso auch für die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz, die Deutsche Lebensretter Gesellschaft, das Technische Hilfswerk und eigentlich für uns alle.
Das Vorhaben des Hessischen Innenministeriums stellt durch eine Verantwortlichkeitsverschiebung auf die höhere Ebene Fachkenntnisse und Kompetenzen der unteren Katastrophenschutzbehörden und ihrer Hilfsorganisation in Frage.
Dabei sind es doch gerade diese, die durch Kenntnis örtlicher Gegebenheiten, durch Kenntnis vorhandener Strukturen und durch Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit die lokale Situation am besten einschätzen können. Die Behörde vor Ort und die Hilfsorganisationen sind doch diejenigen, die durch kurzfristige und kompetente Inaugenscheinnahme der Gefahrensituation schnell urteilen und reagieren können.
Die unteren Katastrophenschutzbehörden und somit auch unser Landkreis mit seinen Hilfsorganisationen sind in der Vergangenheit immer sehr verantwortungsbewusst mit diesem Kompetenzfeld umgegangen. Dass ihnen jetzt durch eine entsprechende Gesetzänderung diese Verantwortlichkeit entzogen werden soll, birgt Gefahren, die auch ganz klar benannt werden müssen. Die Verpflichtung den Katastrophenschutzfall nur im Einvernehmen mit dem Ministerium ausrufen zu können, bedeutet im Falle des Falles eine zeitliche Verzögerung der Entscheidung.
Der Zeitaspekt allerdings kann und darf nicht kleingeredet werden. Eine verzögerte Entscheidungsfällung kann selbstverständlich die Verschärfung der Gefahrensituation bewirken.
Wir erkennen auch keine sachliche Notwendigkeit für die Änderung des § 34 HBKG. Wir und auch andere Landkreise haben kompetente, erfahrene und gut miteinander vernetzte Verantwortungsträger vor Ort, denen die größte Wertschätzung gebührt. Weshalb das Innenministerium oder der Minister meinen, selbst von Wiesbaden aus kompetenter urteilen zu können, erschließt sich uns nicht.
Nach alledem ist es sehr wichtig, hier als Kreistag mit einer Zustimmung zum Antrag ein Zeichen zu setzen. Es ist wichtig, mit unserer Stimme gemeinsam mit anderen dahingehend zu wirken, dass die Landesregierung den entsprechenden Gesetzesentwurf zurückzieht. Der Protest aus allen Kreisen und kreisfreien Städten, von Hilfsorganisationen und von allen Experten ist riesig. Auch die SPD-Landtagsfraktion hat sich längst positioniert. Es liegt nun an der Landesregierung diesem Protest Gehör zu schenken.