Eine Verfassung als Ausdruck ihrer Zeit

"Eine Verfassung als Ausdruck ihrer Zeit"

Mit ihren 71 Jahren ist die Hessische Verfassung nicht nur die älteste, sie hat in dieser Zeit auch so wenige Änderungen erfahren, dass sie fast identisch mit dem Originaltext ist. Der soziale und gesellschaftliche Wandel lassen daher fragen, ob und inwieweit die Notwendigkeit einer Reform des Verfassungstextes besteht.

Dass Änderungen vorgenommen werden müssen, darüber waren sich die Podiumsteilnehmer der Diskussionsrunde am vergangenen Donnerstag, zu der die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Handan Özgüven und die Juso-Hochschulgruppe Marburg eingeladen hatten, einig. Bei der Frage, wie genau diese Neuregelungen aussehen sollten, setzten der emeritierte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Theo Schiller, das Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshofes Dr. Georg D. Falk und das Mitglied der Enquetekommission zur Änderung der Verfassung Handan Özgüven teilweise unterschiedliche Schwerpunkte.

"Die SPD-Fraktion im Landtag hat ganz klare Vorstellungen, was Verhandlungsmasse sein kann und was besser unangetastet bleibt!", so die Landtagsabgeordnete Özgüven. " So muss man keinen Gottesbezug in die Präambel zwingen. Gleichzeitig gibt es neue Punkte, die wir als unabdingbar in einer reformierten Verfassung erachten. Dazu gehört die gebührenfreie Bildung für Alle, von der Kita bis zum Studium."

Dr. Georg Falk legte seinen Fokus besonders auf die zumeist überholten Maßgaben der Verfassung, wie zum Beispiel den Anspruch auf 12 Urlaubstage für Arbeitnehmer, und sah hier maßgeblichen Spielraum für Verhandlungen. Gleichzeitig mahnte er, dass bei all den Reformationsplänen die praktische Bedeutung der angestrebten Neuerungen beachtet werden müsse. "Nur weil sich die ein oder andere Formulierung ändert, wird sich beispielsweise nicht das Wirtschaftssystem grundlegend wandeln. Lange Diskussionen hierüber haben schlussendlich wenig Auswirkungen. Da hat die Regelung einer gebührenfreien Bildung deutlich höheren Praxisbezug!", stellte Dr. Falk in seinen Ausführungen fest.

Für Prof. Dr. Schiller standen der Schutz von Minderheiten, niedrigschwellige Möglichkeiten der direkten Demokratie und die besondere Qualität der Wirtschaftsordnung in Hessen im Mittelpunkt. Womit er bei der Landtagsageordneten auf offene Ohren stieß.

Wichtig war den PodiumsteilnehmerInnen, dass nur eine verständliche und übersichtliche Verfassung ihre Bekanntheit steigere und die Veränderungen maßgeblich hierzu beitragen sollten. Damit sich möglichst viele Bürger

  • inneninteressen in der Verfassung wiederfinden, sind alle Bürger
  • innen dazu aufgerufen, im Internet oder bei den Bürgerforen in Rüsselsheim, Gießen und Kassel ihre Wünsche für Neuregelungen einzubringen.