Kreistag verurteilt Dresdner Rede von Björn Höcke

Dieter Engel

In einem gemeisamen Antrag haben sich die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, Linken, Freien Wählern und FDP in der letzten Kreistagssitzung gegen die Angriffe von AfD-Mann Höcke gegen das Gedenken an den Holocaust und seine menschenverachtenden Verunglimpfungen gestellt.
Die Rede von Klaus-Dieter Engel dazu:

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Vorsitzender, Frau Landrätin,
ich habe mir die ungekürzte Rede vom 17. Januar von Herrn Höcke von Anfang bis Ende über knapp 50 Minuten angesehen.
Ich habe das getan, vor allem um mir ein eigenes Bild zu machen und auch weil Herr Höcke die Meldungen über seine Ausführungen in Dresden später im Thüringischen Landtag als Falschmeldungen der Deutschen Presseagentur bezeichnet hat.
Aus der Rede in Dresden möchte ich nun einige Tiefpunkte zitieren:
Höcke Zitat 1:
"Deutsche Geschichte wird in den Schulen mies und lächerlich gemacht…"
Was will der Geschichtslehrer Höcke uns damit sagen? Was ist am Geschichtsunterricht in Deutschland mies und lächerlich? Gibt es eine andere Geschichte als die, die an deutschen Schulen unterrichtet wird? Die Lehrpläne für den hessischen Geschichtsunterricht umfassen alle Aspekte der deutschen Geschichte. Vielleicht passt das nicht ins Weltbild von Höcke. Vielleicht nimmt die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust aus seiner Sicht zu viel Raum im Geschichtsunterricht ein, vielleicht will er dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte auch ganz ausblenden.
Dazu passt Höcke-Zitat 2:
"Dämliche Bewältigungspolitik lähmt uns noch heute…"
Die Auseinandersetzung und Aufarbeitung mit dem was geschehen ist, ist für Höcke dämliche Bewältigungspolitik. Es heißt immer Geschichte wiederholt sich nicht. Aber man kann aus der Geschichte lernen und bestimmte Dinge anders und besser machen. Für ewig gestrige wie Herrn Höcke mag das dämlich sein, für uns Demokraten ist das wichtig und essentiell.
Aber Höcke setzt noch einen drauf (Zitat 3):
"… wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad."
Damit diffamiert Höcke alle Bemühungen der deutschen Politik und vor allem auch der deutschen Zivilgesellschaft mit den Opfern des Naziterrors ins Gespräch zu kommen und eine – soweit dies überhaupt möglich ist – Wiedergutmachung zu versuchen.
Es mag sein, dass die meisten heute Lebenden im juristischen Sinne keine Schuld an den Naziverbrechen haben. Aber meine und die folgenden Generationen haben eine Verantwortung. Eine Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass sich solche Verbrechen nicht wiederholen. Dazu gehört, dass die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis aufrechterhalten wird. Dazu gehört ein Geschichtsunterricht, der diese Themen ausführlich behandelt. Eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad heißt doch, dass an die Politik „Wider das Vergessen“ eine „Politik des Vergessens“ treten soll.
Das, meine Damen und Herren, wäre in der Tat eine Schande!
Und damit komme ich auch zum vorletzten Zitat aus Höckes unsäglicher Rede:
Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt einpflanzt.
In der Wortwahl und im Kontext der gesamten Rede wird eindeutig klar, dass es Höcke um die Verunglimpfung des Holocaust-Mahnmals geht, und nicht um die Würdigung des Mahnmals, wie er in einer zynischen Rechtfertigung auf seiner Homepage darzustellen versucht.
Auch die bekannten Reden von Richard von Weizsäcker (1985, zum 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung“) und von Roman Herzog (1997, „Ruckrede“) diffamiert Höcke als Reden gegen das eigene Volk!
Daraufhin skandiert der Saal in Bezug auf unsere ehemaligen Bundespräsidenten „Volksverräter, Volksverräter, Volksverräter“.
Meine Damen und Herren, das hat mich erschüttert.
Als Volksverräter bezeichnete das Wochenblatt der NSDAP(Anlage), der Illustrierte Beobachter, Philipp Scheidemann, Otto Wels, Kurt Tucholsky, Heinrich Mann und viele andere.
Volksverrat ist ein von den Nazis 1933 eingeführter, besser erfundener Straftatbestand, der am sogenannten Volksgerichtshof von Freisler genutzt wurde, um zahllose Kritiker des Nationalsozialismus zum Tode zu verurteilen.
Ich bin erst kürzlich bei der Gedenkstätte Plötzensee in Berlin gewesen und ich weiß wovon ich rede, wenn ich von den Verbrechen am Volksgerichtshof rede.
Das nun zwei ehemalige Bundespräsidenten von aufgehetzten AfD-Anhängern als Volksverräter beschrien werden, hätte ich niemals geglaubt! Das ist entsetzlich. Unglaublich,
aber es geht leider noch weiter und ich komme nun zum letzten Zitat aus der Höcke-Rede:
"Wir werden uns unser Deutschland Stück für Stück zurückholen."
Das Deutschland, das Herr Höcke offenbar zurückholen will, wollen wir Demokraten keinesfalls zurück. Und wir werden, da bin ich mir sicher, auch verhindern, dass dieses Deutschland zurückgeholt wird!
Meine Damen und Herren von der AfD, Kritik an den anderen Parteien ist das eine, sich mit der Ideologie der Nazis gemein zu machen das andere.
Wenn sie das nicht wollen, und ich weiß das etliche in ihrer Partei das nicht wollen, dann dürfen wir hier und heute im Kreistag auch von Ihnen eine Verurteilung der Ausführungen eines Herrn Höcke erwarten.
Sie haben nun einen Änderungsantrag eingereicht.
Wir verurteilen Höckes Verhalten als zentralen Ausgangspunkt unseres Antrages und wollen diesen nicht um eine allgemeine Extremismusdebatte erweitern und verwässern. Im Übrigen haben wir heute Morgen schon einen entsprechenden Beschluss zum Extremismus im Landkreis gefasst.
Meine Damen und Herren, zur Demokratie gibt es keine Alternative. Einer Partei, die sich Alternative für Deutschland nennt, aber Leute wie Herrn Höcke in ihren eigenen Reihen und sogar in Führungspositionen zulässt, definiert sich aber mehr und mehr als Alternative zur Demokratie.
Dem müssen und werden wir entschieden entgegentreten.
Und deshalb sind wir Sozialdemokraten froh, dass heute im Kreistag alle Demokraten zusammenstehen und das Verhalten dieses unsäglichen Demagogen Höcke verurteilen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!