Der Haushalt 2015 des Landkreises Marburg-Biedenkopf ist verabschiedet. SPD und CDU stimmten für den ersten gemeinsamen Haushalt der Großen Koalition, den Landrätin Kirsten Fründt (SPD) vorgelegt hatte. Bei einem Überschuss von gut 2,5 Mio. Euro wurde gleichzeitig die Senkung der Kreisumlage beschlossen. Das ist hessenweit einmalig und ein gutes Signal an die Städte und Gemeinden im Landkreis. Der Kreishaushalt ist solide finanziert und Ausdruck des politischen Willens der Koalition, die wichtige Vorhaben im Haushalt unterbringen konnte.
Getrübt wird das Ganze nur durch die Ungewissheit, welche Einschnitte der neue Kommunale Finanzausgleich (KFA) für den Landkreis bringen wird.
In seiner letzten Sitzung am 19. Dezember 2014 verabschiedete der Kreistag den Haushalt 2015. Diesmal anders als sonst schon vor Beginn des neuen Haushaltsjahres.
Der erste von der neuen Landrätin Kirsten Fründt (SPD) eingebrachte und von der Großen Koalition aus SPD und CDU verabschiedete Haushalt, dem auch die oppositionellen Abgeordneten von Freien Wählern, FDP und Piraten zustimmten, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Bei einem Rekordvolumen von 325 Mio. Euro ist es der vierte ausgeglichene Haushalt in Folge. Er weist einen Überschuss von fast 2,5 Mio. Euro aus. Der planerische Überschuss wäre eigentlich gut doppelt so hoch, aber da erstmals wieder die Kreisumlage gesenkt wird, und zwar um 1%, verzichtet der Kreis auf rund 2,5 Mio. Euro, die wiederum bei den Städten und Gemeinden verbleiben.
Mit der Senkung der Kreisumlage werde auch eines der Wahlversprechen Kirsten Fründts und ein Ziel des Koalitionsvertrages umgesetzt. Werner Hesse, Fraktionsvorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, bezeichnete die Senkung in seiner Haushaltsrede als ausgesprochen kooperativ gegenüber den Gemeinden, zeigte sich aber zugleich verwundert darüber, dass diese Entlastung der Kommunen in der Öffentlichkeit und den Medien wenig Erwähnung finde. Dabei gibt es in Hessen keinen anderen Landkreis, der dies macht. Wie anders aber hätte es ausgesehen, wenn die Umlage nicht gesenkt oder sie sogar erhöht worden wäre, fragte Hesse in das Plenum des Kreistags.
Neben einem Überschuss werden aber auch die Kassenkredite um rund 3,7 Mio. Euro getilgt, die Nettoneuverschuldung liegt unter den zulässigen 10 Mio. Euro. Damit ist der Landkreis auf dem besten Wege, den Schutzschirm des Landes zu verlassen.
Der Haushalt 2015 setzt zum einen den finanziellen Konsolidierungskurs fort, ist aber zum anderen deutlich erkennbar geprägt durch die neuen inhaltlichen Schwerpunkte der Großen Koalition.
Werner Hesse sprach von mehr Offenheit, mehr Kommunikation, mehr Partizipation, die sich als Ziele der Koalition im Haushalt auch wiederwiederfänden. So wird etwa der Bereich Bürgerbeteiligung ausgebaut, denn nah an den Bürgerinnen und Bürgern und mit ihnen in Übereinstimmung zu handeln sei Voraussetzung für eine gute Politik. Das hatte bereits Kirsten Fründt im letzten Jahr in ihrem Wahlkampf immer wieder betont.
Auch der Schwerpunkt Altenhilfe ist im Haushalt abgebildet. Hier wurden bereits erfolgreich auch in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe unter Beteiligung auch der Oppositionsfraktionen Konzepte entwickelt. Mit den Haushaltsmitteln wird der eingeschlagene Weg fortgesetzt. Werner Hesse wunderte sich, ob die Grünen den kooperativen Ansatz vielleicht nicht verstünden oder gar ablehnten, weil sie der Haushaltsstelle nicht ohne weiteres zustimmen wollten.
Hesse hob auch den mit dem Haushalt verabschiedeten Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Jugend- und Kulturförderung hervor, mit dem die Zukunft des beliebten kreiseigenen Kinder- und Jugendferiendorfes Schubystrand gewährleistet werde, indem die seit Jahrzehnten von zahlreichen jungen Leuten genutzte Anlage saniert und auf einen neuen Stand auch energetisch gebracht wird. Auch das ist nachhaltige Sozialpolitik.
Solide Finanzen muss der Landkreis nicht nur vorweisen, um die Kriterien des Schutzschirms zu erfüllen, zu denen er sich verpflichtet hat, damit das Land Millionenschulden des Kreises übernimmt. Solide Finanzen ermöglichen es auch, dass der Landkreis selbst bestimmen kann, wie er seinen Haushalt gestaltet und nicht durch das Regierungspräsidium vorgeschrieben bekommt, wo etwa Kürzungen bei sogenannten freiwilligen Leistungen vorzunehmen sind.
Bei den Haushaltsanträgen der oppositionellen Linken sah Hesse keine finanzpolitische Vernunft walten. Wenngleich der eine oder andere Vorschlag inhaltlich wünschenswert sei, würden die Zusatzforderungen in Millionenhöhe den Haushalt so verschlechtern, dass er keinen Überschuss mehr ausweise. Daher lehnte die Koalition die Anträge der Linken komplett ab, zumal die Anträge so kurzfristig eingereicht wurden, dass eine intensivere Beratung unmöglich war.
Auch die Grünen legten einige Änderungsanträge vor, von denen die Koalition zwei aufgriff, die den Radwegebau betreffen und zum eh geplanten Ausbau des Radverkehrsnetzes passen.
Den Grünen warf Hesse vor, dass sie ansonsten nur einzelne Punkte hätten, aber keine inhaltliche Perspektive böten und sich auf rein fiskalische Überlegungen beschränkten. Wie sonst sei die Ablehnung des im Haushalt von der Koalition geplanten Familienbüros zu verstehen? Die Grünen forderten stattdessen eine Erhöhung der Mittel für bestehende Beratungseinrichtungen. Das wiederum fand Hesse wenig nachvollziehbar. Als die Grünen noch selbst regierten, hätten sie bereits die Möglichkeit gehabt, dies zu tun, es aber unterlassen.
Bei der Familie wirken Verbesserungen am nachhaltigsten, zeigte sich Werner Hesse vom Konzept des Familienbüros überzeugt. Daher sei das Familienbüro, mit dem der Landkreis die Kommunen unterstützen wolle, genau richtig. Es füge sich ein in das Konzept der Kooperation mit den Kommunen, wie sie sich die Koalition auf die Fahnen geschrieben habe.
Die Änderungsanträge von Linken und Grünen seien insgesamt nicht geeignet, den Haushalt inhaltlich zu verbessern, so Hesse.
Trotz des soliden Haushalts, dem daher auch die Oppositionsparteien FDP und die Freien Wähler zustimmten, bleibt ein düsterer Blick in die Zukunft. Obgleich man, so Hesse, auf einem guten Weg in Marburg-Biedenkopf sei, bleibe die Befürchtung, dass der geplante neue Kommunale Finanzausgleich zu solchen finanziellen Verschlechterungen des Landkreises führe, dass alle bisherigen Anstrengungen, den Haushalt zu konsolidieren, zunichte gemacht würden.
Denn wenn der KFA deutliche finanzielle Einbußen bringe, könne der Kreis schlimmstenfalls nicht mehr selbstgestaltend tätig sein, die kommunale Selbstverwaltung wäre dann hinfällig und auch der kooperative Ansatz gegenüber den Kommunen werde erschwert, eine weitere Senkung der Kreisumlage selbst bei gutem Willen gefährdet. Hesse zeigte sich daher überzeugt, dass der KFA nicht so bleiben könne, wie er momentan vorgestellt worden sei. Wir werden für Verbesserungen kämpfen.
Großes Lob gab es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die wiederum außerordentlich versiert bei der Erstellung des Haushalts gearbeitet und kompetent den Fraktionen Rede und Antwort gestanden hatten. Die neue Form des Haushaltsworkshops, der im Zuge der Vorberatungen des Haushaltsentwurfs durchgeführt wurde, hatte dies gezeigt. Auch dieser war ein Signal, dass man künftig einen offeneren Stil pflegen will.