Sehr geehrte Damen und Herren,
mit unserem Antrag war eine Vision verbunden. Diese möchte ich zu Beginn schildern, bitte lassen sie sich mal auf die ungewöhnliche Rede ein.
Stellen sie sich vor:
Im Juli 2015 sind wir alle zu einer Einweihungsfeier in einem Ortsteil einer unserer Landkreiskommunen eingeladen.
Ich fahre hin, die Parkplatzsuche fällt schwer, denn viele Interessenten wollen sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und selbst in Augenschein nehmen, wie unser Förderprogramm mehrere Problemfelder miteinander verbunden hat und endlich eine gute Lösung erreicht wurde.
Nachdem ich einen Parkplatz gefunden habe, gehe ich vorbei an alten landwirtschaftlichen Gebäuden, denen man ansieht, dass sie nicht mehr wirklich genutzt werden. Vorbei komme ich auch an einem kleinen Laden und freue mich, dass es so einen in diesem Ortsteil noch gibt.
Links und rechts sehe ich andere Kreistagsabgeordnete, die alle in dieselbe Richtung gehen und sich dem frisch sanierten denkmalgeschützen Gebäude nähern.
Gestern hatte die OP berichtet, wie lange die Kommune bereits versucht hatte, das Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen und einen Investor zu finden, der die notwendigen Geldmittel dazu mitbringt. Nicht nur die Denkmalschutzauflagen hatten dies erschwert, auch konnte man sich in dem kleinen Ortsteil zunächst nicht vorstellen, wie man das historische Gebäude einer sinnvollen Verwendung zuführen sollte.
Doch im Herbst 2013 kam der Durchbruch. Nach intensiven Beratungen durch einen Experten des Landkreises, neu gewonnen aufgrund unseres Beschlusses, lag eine erste Skizze vor, wie man das Gebäude für Wohnzwecke nutzen könnte. Fünf Wohnungen unterschiedlicher Größe könnten danach entstehen, vier davon sogar relativ barrierearm.
Dafür müsste sich der Denkmalschutz aber etwas bewegen und den Anbau eines Aufzuges zulassen. Das erste Gespräch war nicht gerade einfach gewesen, aber auch dort war man an einer Erhaltung des Gebäudes interessiert und der Denkmalschutz wollte die Sachlage nochmals durchdenken.
Dem Bürgermeister und dem Experten des Landkreises gelang es anhand der Skizze und einer überschlägigen Kostenberechnung einen Investor zu finden, der die Idee spannend fand und mal die Kosten und die mögliche Rendite durchrechnen wollte.
Kurze Zeit später kam die Nachricht des Investors: Das rechnet sich nicht. Es fehlen rund 25 % der Investitionssumme.
Doch hier konnte der Bürgermeister dem möglichen Investor sehr konkret eine Unterstützung anbieten, denn der Experte des Landkreises konnte nach vielfachen Gesprächen Fördermöglichkeiten aus dem Bereich Denkmalschutz, aber auch aus anderen Bereichen auftun. Doch es fehlten immer noch rund 70.000 Euro.
Der Bewilligungsausschuss des Landkreises prüfte das Ansinnen auf Zuschuss anhand der Vergaberichtlinien und bewilligte den Zuschuss. Der Kreistag hatte dafür im Frühjahr 2013 bis zu 200.000 Euro jährlich für den Zeitraum von 2013 bis 2016 bewilligt.
Nun ging es ruck zuck. Die Baugenehmigung wurde erteilt, die Bauarbeiten verliefen zügig und die Mieter waren auch schnell gefunden.
In die nicht barrierefreie Wohnung zog eine Familie mit kleinen Kindern ein. Die Eltern erklärten sich bereit, bei Bedarf den anderen Bewohnern bei der Bewältigung von Aufgaben, die diese nicht mehr selbst erledigen können zu unterstützen und erhielt deshalb den Mietvertrag.
Die anderen Mieter waren alle im Seniorenalter. Sie haben teilweise mit schwerem Herzen ihre langjährigen Wohnungen verlassen, weil sie die Treppen nicht mehr steigen oder den Garten und die große Wohnung nicht mehr ausreichend pflegen konnten.
Bei Bedarf können sie künftig zusätzliche Hilfestellungen beim Pflegedienst der Kernstadt einkaufen. Dieser hat den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen dafür ausgebaut.
Wir leben nun im Ortskern, wir haben es nicht weit zur Kirche und zum Lädchen, mit dem Bürgerbus können wir zum Arzt in die Kernstadt fahren und wir mussten unseren Ort nicht verlassen, dies war der Kernsatz eines Bewohners bei der Einweihungsfeier, den die OP am nächsten Tag in ihrem Artikel wiedergab.
Ich freue, dass ein historisches Gebäude so gut saniert und wieder mit Leben gefüllt wurde, wurde der Denkmalschützer im Artikel zitiert.
Soweit unsere Vision.
Soweit unsere Idee, Städtebau mit Denkmalschutz, Wohnen im Alter mit haushaltsnahen Dienstleistungen und mobiler Pflege zu verbinden und mit Expertenwissen und finanziellen Mitteln Kommunen bei der Lösung unterschiedlicher Aufgabenfelder zu unterstützen.
Belebung der Dorfkerne und Bewältigung des demographischen Wandels könnte man es auch nennen.
Doch dann kam die Sozialausschusssitzung und Frau Schlegel für die Grünen und Herr Horn für die CDU lehnten den Antrag kategorisch ab.
Man habe schon genügend Aktivitäten und wir haben unsere bisherigen Projekte noch nicht systematisch ausgewertet, waren die wesentlichen Argumente.
Wirklich stichhaltig waren diese Argumente nicht, dass merkten wohl auch die Koalitionsvertreter in der Sitzung und deshalb freue ich mich über den Sinneswandel.
Natürlich war uns klar, dass unser Antrag nicht die gesamte Problematik neuer Wohnformen im Alter und neuer Unterstützungsformen löst.
Aber es handelt sich um einen neuartigen Ansatz den wir so bisher noch nicht haben!
Wir arbeiten gerne an einem Gesamtkonzept mit und hoffen dabei, dass der Kern unserer Idee ein wesentlicher Baustein sein wird.
Wir unterstellen, dass mit dem neuen Antrag unsere Idee nicht unter den Tisch fällt und durch den Änderungsantrag auf die lange Bank geschoben werden soll.
Danke für die breite Zustimmung.